Freitag, 13.09.2013 um 20.00 Uhr
Rathausstraße 63, 65203 Wiesbaden
Eintritt frei, um Spenden wird gebeten!!!
P R O G R A M M
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Quintett Es-Dur, op. 16 (1796)
für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott
Grave, Allegro ma non troppo
Andante cantabile
Rondo, Allegro ma non troppo
Maurice Ravel (1875-1937)
Le tombeau de Couperin (1920)
bearbeitet für Holzbläserquintett von Mason Jones
Prélude
Fugue
Menuet
Rigaudon
P A U S E
Francis Poulenc (1899-1963)
Trio für Klavier, Oboe und Fagott
Presto
Andante
Rondo
Bohuslav Martinu (1890-1959)
Sonate für Flöte und Klavier (1945)
Allegro moderato
Adagio
Allegro poco moderato
Jean Françaix (1912 – 1997)
L`Heure du Berger (1947)
für Klavier und Holzbläserquintett
Les Vieux Beaux – Moderato
Pin-up-Girls – Andante molto serioso
Les petits nerveux – Allegro assai
DAS ENSEMBLE
Steffen Raff – Klavier
Susanne Gimm – Flöte
Raphael Winter – Oboe
Ulrich Mentzner – Klarinette
David Schubert – Horn
Beata Zsiros – Fagott
Das Mainz-Wiesbadener Bläserensemble besteht aus qualifizierten Laien- und Berufsmusikern seit 1987. Charakteristisch für das Repertoire sind Kontrastreichtum und Stilvielfalt: Musik von der Renaissance bis zur Gegenwart sowie vom Trio bis zum kleinen Kammerorchester spiegelt den Farbenreichtum des Ensembles wider. Die Intensionen der Komponisten werden in aller Reinheit präsentiert.
Alle Ensemblemitglieder sind neben dem Mainz-Wiesbadener-Bläserensemble vielfältig und auch kammermusikalisch tätig, so auch im Orchester arco musicale Wiesbaden und musizieren regelmäßig in der kleineren Besetzung des heutigen Abends zusammen.
Die Solisten des Mainz-Wiesbadener Bläserensembles gestalten den heutigen Abend zusammen mit dem Pianisten Steffen Raff. Er konzertiert regelmäßig in verschiedenen kammermusikalischen Besetzungen und trat mehrfach als Solist in Orchesterkonzerten auf. Er arbeitet als Radiologe am Katholischen Klinikum Mainz.
Susanne Gimm, geboren in Mainz, studierte Instrumentalpädagogik an der Folkwang-Hochschule Essen bei Prof. André Sebald und absolvierte ein künstlerisches Aufbaustudium an den Musikhochschule Lübeck bei Prof. Angela Firkins. Sie konzertiert neben ihrer Unterrichtstätigkeit mit verschiedenen Kammermusikensembles und Orchestern.
Raphael Winter, in Freiburg aufgewachsen, hat sein Lehramtsstudium im Fach Oboe bei Hartmut Feja abgeschlossen und befindet sich nun im künstlerischen Aufbaustudium bei Prof Daniela Tessmann an der Hochschule für Musik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.
Ulrich Mentzner, geboren in Wiesbaden, spielt seit seinem zehnten Lebensjahr Klarinette und studierte bei namhaften Soloklarinettisten wie Ulrich Mehlhart vom RSO Frankfurt. Hauptberuflich arbeitet er als Diplomingenieur.
David Schubert, geboren in Chemnitz, spielt seit seinem neunten Lebensjahr Horn. Er erhält Unterricht bei Thomas Bernstein (HfMDK Frankfurt/Main) und ist in verschiedenen Orchestern sowie Kammermusikensembles tätig. Hauptberuflich arbeitet er als Verkehrspilot.
Beata Zsiros studierte Fagott und Blockflöte an der Franz-Liszt-Musikakademie der Universität Debrecen/Ungarn. Sie war Mitglied der Kodaly Philharmoniker und nahm an Konzerttourneen im In – und Ausland teil. Seit 2012 ist sie Fagott- und Blockflöten-Lehrerin an der Musikschule im WBZ Ingelheim.
LESENSWERTES ZU DEN WERKEN
Ludwig van Beethoven
Das Quintett für Klavier und Bläser, op. 16, hat Beethoven dem Fürsten Joseph zu Schwarzenberg gewidmet, einem seiner Mäzene in jener Zeit. Es gehört zu jenen Werken des frühen Beethoven, die von jeher in enger Verbindung mit Mozart gesehen wurden. In Tonart, Besetzung und Aufbau nimmt es unverkennbar auf das zwölf Jahre ältere Mozart-Quintett in Es, KV 452, Bezug. Der Komponist Carl Reinecke verleitete diese Beobachtung in seinem Buch Meister der Tonkunst (Berlin 1903) zu der Schlussfolgerung:“Wenn der jüngere Meister im Quintett, op. 16 den Mozartschen Spuren mit Bewußtsein folgt, so sucht er dies in keiner Weise zu verbergen, sondern er wählt lauter Motive, welche überall auf populär gewordene Melodien von Mozart hinweisen, gleichsam als wolle er der Welt zeigen, daß er die geistige Erbschaft Mozarts angetreten habe.”
An dieser emphatischen Deutung seien Zweifel erlaubt. Sein “Quintett auf dem Fortepiano mit 4 blasenden Instrumenten akkompagnirt”, wie es der Programmzettel der Wiener Uraufführung 1797 nannte, entstand aus rein pragmatischen Gründen. Nachdem Mozart auf die Idee gekommen war, das bevorzugte Soloinstrument des “Clavierlands” Wien mit den vorzüglichen Bläsern der Stadt zu kombinieren, hatte sich ein Markt für Klavier-Bläser-Kammermusik gebildet, der auch Beethoven reizen musste. Vieles verstand sich dabei von selbst: Es-Dur war für konzertierende Bläser mit Horn die Idealtonart, nicht erst seit Mozart, sondern schon seit Johann Christian Bach und früheren Meistern. Die dreisätzige Form ohne Menuett deutet auf den konzertanten Charakter des Quintetts hin. Allenfalls die langsame Einleitung signalisiert bei Beethoven eine formale Anlehnung an Mozart. Im folgenden überwiegen eher die Unterschiede: Mozarts erstes Allegro steht im 4/4-Takt, Beethovens im 3/4, bei Mozart folgt ein Larghetto im 3/8-Takt, bei Beethoven eine Andante-Romanze im 2/4-Takt; Mozarts Rondo ist eine Gavotte, Beethovens ein Jagdfinale.
Entscheidender noch ist der neue Ton, den Beethovens Quintett anschlägt. Wo Mozart eine Idealsynthese aus Belcanto und Virtuosität, Cantabile und Concero gelang, setzte der junge Bonner schroffe Akzente (Sforzati, überraschende Modulationen, krasse Dynamikwechsel), ließ Bläser und Klavier wie Klanggruppen eines Sinfonieorchesters alternieren und gestaltete den Klaviersatz raumgreifend und kraftvoll.
Ebenso selbstbewusst und eigenständig wirkt die neue Auffassung von Form, die das Quintett verrät. Die thematischen Prozesse sind gegenüber Mozarts Quintett verschärft und gedehnt. Die Grave-Einleitung erhält durch die punktierten Rhythmen und die Staccato-Sechzehntel beinahe sinfonisches Pathos; es handelt sich um eine Vorstudie zur langsamen Einleitung der 1. Sinfonie. Die Eleganz des folgenden Allegro ma non troppo wird nach der Exposition und in der Coda schroff aufgerissen.
Das Andante cantabile ist zwar ein einfaches Rondeau mit zwei Couplets für Oboe bzw. Fagott und Horn, doch gegen Ende weitet sich die Form durch immer weiter ausgreifende Verzierungen. Das Rondo enthält wiederum eine lange Durchführung und eine Coda, in der das Rondothema auf geniale Weise rhythmisch gedehnt wird.
Dass Beethoven dieses Werk nicht nur anspruchsvoll meinte, beweist eine Anekdote in Zusammenhang mit einer Wiener Aufführung, an der Friedrich Ramm, der berühmte Oboist der Mannheimer Hofkapelle, mitwirkte. Am Ende einer kurzen Kadenz im Finale signalisierte Beethoven mehrmals den Bläsereinsatz, so dass seine Mitspieler die Instrumente schon an den Mund nahmen, worauf er dann aber einfach weiterimprovisierte, während sie die Instrumente wieder verschämt absetzen mussten. Ramm soll dieser Scherz zur Verzweiflung getrieben haben; uns zeigt er, dass der junge Beethoven noch nicht der grüblerisch-versponnene, durch seine Taubheit isolierte Meister war, sondern ein Klaviervirtuose im Zentrum des Wiener Konzertlebens mit einem bei seinen Kollegen gefürchteten Humor.
Francis Poulenc wurde zur Jahrhundertwende in Paris geboren. Von Igor Stravinsky und Maurice Chevalier ebenso beeinflusst wie vom französischen Vaudeville, stieß Poulenc nach dem Ersten Weltkrieg zu einer Gruppe junger Komponisten um Erik Satie und den Schriftsteller Jean Cocteau, genannt Les Six, deren Mitglieder den Impressionismus zugunsten einer größeren Einfachheit und Klarheit ablehnten.
Einiges vom Stil der Six fand Eingang in Poulencs musikalischer Arbeit. Er übernahm Techniken der Dadaisten und ließ sich von populären Melodien beeinflussen. Eine charmante Vulgarität erschien ihm wichtiger als das vorgeblich tiefe Gefühl der Romantik. Er war ein herausragender Pianist und die Klaviermusik dominiert Poulencs frühe Werke. Seine Freundschaft mit einigen Dichtern des Montparnasse, darunter Guillaume Apollinaire und Paul Éluard, führte zur Komposition zahlreicher Lieder zu deren Texten.
Francis Poulenc ist dem breiten Publikum eher als ein ausgelassener und genialer Komponist von Vokalwerken bekannt, so vollkommen war sein Gespür für die Gesanglinie. Dabei wird vergessen, daß Poulenc, der zwar für das symphonische Schaffen nicht viel übrig hatte, sich sehr wohl aber auf dem Gebiet des Solokonzertes und der kleinen Besetzungen als großer Könner erwies.
Außer einigen Opern hinterließ Poulenc je ein Konzert für Orgel, Cembalo, Klavier und zwei Klaviere, weiterhin Messen sowie zahlreiche kammermusikalische Werke. Dabei bediente er sich immer wieder bei den Vorbildern Mozart und Saint-Saëns.
Maurice Ravel wurde 1875 in der Nähe von Biarritz am Atlantik als erster von zwei Brüdern geboren, die Familie siedelte jedoch noch im gleichen Jahr nach Paris um, wo er auch starb. Ravel arbeitete seine Kompositionen mit größter Sorgfalt und Detailversessenheit aus und benötigte deshalb oft lange zu ihrer Fertigstellung, obwohl er sich wünschte, ähnlich fruchtbar sein zu können wie die von ihm bewunderten großen Komponisten. Igor Strawinsky nannte ihn wegen der Kompliziertheit und Genauigkeit seiner Werke einmal den „Schweizer Uhrmacher“ unter den Komponisten. Die frühen Druckausgaben seiner Werke waren weit fehlerhafter als seine minutiös gearbeiteten Manuskripte, und Ravel arbeitete mit seinem Verleger Durand unermüdlich an ihrer Verbesserung. Während der Korrektur von L’enfant et les sortilèges schrieb er in einem Brief, nachdem schon zahlreiche Korrektoren das Werk durchgesehen hatten, fand er immer noch zehn Fehler auf jeder Seite.
An Ravels Musik wird vor allem die Kunst der Harmonik und der subtilen Klangfarben gerühmt. Ravel selbst betrachtete sich in mancher Hinsicht als Klassizisten, der seine neuartigen Rhythmen und Harmonien gern in traditionelle Formen und Strukturen einbettete, wobei er häufig die strukturellen Grenzen durch unmerkliche Übergänge verwischte. Ravel äußerte sich zu diesem Thema selber folgendermaßen: „Was nicht leicht von der Form abweicht, entbehrt des Anreizes für das Gefühl – daraus folgt, daß die Unregelmäßigkeit, das heißt das Unerwartete, Überraschende, Frappierende einen wesentlichen und charakteristischen Teil der Schönheit ausmacht“. Ein weiteres Beispiel ist das Menuett aus dem stilistisch an die französischen Clavecinisten angelehnten Klavierzyklus Le Tombeau de Couperin. Impressionistische Einflüsse werden hier durch die Verwendung von großen Septakkorden (zweites Viertel Takt 1), Moll-Septnonakkorden (drittes Viertel Takt 2), scheinbar funktionslos gereihten Moll-Akkorden (h-Moll, a-Moll, d-Moll, h-Moll, fis-Moll in Takt 9 bis 12) sowie die zeitweilige Aufhebung der für ein Menuett typischen schreitenden Bewegung (Takt 3, Takt 9 bis 11) deutlich.
Als Orchestrator studierte Ravel sorgfältig die Möglichkeiten jedes einzelnen Instruments. Seine Orchestrierungen eigener und fremder Klavierwerke, wie Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“, bestechen durch Brillanz und Farbenreichtum.
»Le tombeau de Couperin« ist Ravels letzte Solo-Klavierkomposition, eine Suite in 6 Sätzen als Hommage an die französische Musik des 18. Jahrhunderts. Sie enthält neben Prélude, Fugue und Toccata verschiedene barocke Tänze wie ein höfisches Menuet und ein Rigaudon (Rigodon, ein fröhlicher Rundtanz).
Das Tombeau, dem Begriff nach ein musikalisches Grabmal, tritt zwar ursprünglich in Form würdevoller Schreit-Tänze auf, drückt aber weniger die Klage über den Tod aus, sondern mehr die Ehrerbietung dem älteren Meister gegenüber. Der keinesfalls tragische Tonfall der Suite Ravels macht deutlich, dass für ihn die Reflexion über die musique française im Vordergrund stand: nämlich deren Klarheit der Melodien, Charakter der Tanzrhythmen, Eleganz, durchsichtiger Satz und Ornamentation.
Ravel begann mit der Komposition kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 und vollendete sie nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst 1917. Jeder Satz ist einem gefallenen Kriegskameraden gewidmet; das Menuet (G-Dur) zum Beispiel Jean Dreyfus. Nach der erfolgreichen Uraufführung der Klavier-Suite im April 1919 instrumentierte Ravel die vier Sätze Prélude, Forlane, Menuet und Rigaudon und fasste sie zu einer Orchestersuite zusammen, die 1920 in Paris zum ersten Mal gespielt wurde.
Bohuslav Martinu stammte aus Tschechien und lebte von 1923 bis 1940 in Paris, wo er bei Roussel studierte. Neben diesen auch durch Debussy geprägten französischen Strömungen bleibt die böhmische Volksmusik ein starker Quell seiner Inspiration. Die erste Sonate für Flöte und Klavier beginnt im ersten Satz recht melancholisch im Klavier, wird aber durch die Flöte allmählich abgewandelt, die gleichsam das Klavier zwingt, sich bei der Exposition des ersten Themas ihrem Rhythmus anzuschließen. Der Mittelteil ist weniger klassisch. Mit einer scharf rhythmisierten Folge von Akkorden und Oktaven entfernt sich das Klavier von seiner üblichen begleitenden Funktion, ganz nach französischer Tradition. Das Adagio des zweiten Satzes beruht auf einem groß angelegten Thema, unterbrochen von der Flöte. Der dritte Satz greift Themen wieder auf und zeigt technische Besonderheiten aus der tschechischen Folklore. Das Stück endet in einem freidig bewegten Dialog der beiden Instrumente.
Jean Françaix wurde 1912 in Le Mans (Frankreich) geboren und verstarb 1997 in Paris, wo er auch zuletzt lebte und arbeitete. Geboren in einer Musikerfamilie, gewann Françaix mit 18 Jahren den Preis des Pariser Conservatoire und studierte Komposition bei Nadia Boulanger.
Er war ein sehr produktiver Komponist, der sich auch seltenen Besetzungen widmete. Sein Stil ist oft ironisch und epigrammatisch und zeichnet sich durch Eleganz, Erfindungsreichtum und rhythmische Raffinesse aus. Nach eigener Aussage war er stets bestrebt, „musique pour faire plaisir“ zu komponieren.
In seinem Sextett „L’Heure du Berger“ (Das Schäferstündchen) wird Francaix’ Humor deutlich hörbar. Die Musik unter den Satztiteln „Die schönen Alten“, „Pin-up-Girls“ und „Die kleinen Nervösen“ amüsiert durch Witz und Ironie.
Am Ausgang halten wir für Sie eine CD-Aufnahme zum Preis von 10 Euro bereit.